Mathematik

GPS, Karten und Google Earth – ein paar Notizen

Mit diesem Artikel möchte ich ein paar grundsätzliche Bemerkungen zu GPS (-Koordinaten) und deren Verwendung am PC anbringen. Neben ein paar Stolperfallen im Umgang mit den Daten stelle ich als nette Anwendung ein Fotoalbum vor. Zu diesem Artikel angeregt haben mich vor allem die Vorführungen zum Thema APRS und D* und die anschliessenden Diskussionen.

 

Ellipsoidische WGS84-Koordinaten und Schweizerische Projektionskoordinaten

Zur Übertragung eines Orts im Raum (sagen wir, auf der Erdoberfläche) auf eine flache Landkarte sind Projektionen notwendig. Während Jahrhunderten wurden Dutzende solcher Verfahren entwickelt. Alle diese Verfahren kämpfen mit den gleichen Problemen:

  • die Erdoberfläche ist nicht rund, sondern ein vernarbtes Ellipsoid („Geoid“, eine Kartoffel)
  • prinzipiell kann eine Projektion nicht gleichzeitig alle wichtigen geometrischen Merkmale wie Länge, Winkel, Fläche korrekt abbilden. Eine flächentreue Projektion bildet z.B. die Flächeninhalte korrekt ab, aber nicht die Winkel.
  • auch mit modernen Methoden (Messung der Schwerkraft) sind Abweichungen vorhanden
  • wie sollen Höhen gemessen werden? Abstand zum Erdzentrum (welchem?), Höhe über der Erdoberfläche?

Es führt nichts darum herum, als Referenz einen Vergleichskörper zu definieren, der sich möglichst gut an die Erde anschmiegt. In der Regel ist dies ein Ellipsoid („Rugby-Ball“), das an verschiedenen Orten der Erde mehr oder weniger gut passt. Mehrere solche Referenzellipsoide wurden weltweit oder regional in Europa definiert (zum Beispiel GRS80). Das GPS-System verwendet das Referenzellipsoid World Geodetic System WGS84, das sehr ähnlich zum GRS80 ist und für den Zweck der Navigation als gleich angesehen werden kann. Für die schweizerische Landesvermessung wurde 1903 ein anderes Ellipsoid (Bessel 1841) gewählt, das sich auf dem kleinen Gebiet der Schweiz weit besser an die echte Form der Oberfläche anschmiegen kann als ein weltweit definiertes.

Die Abflachung* der Erde im Modell WGS84 ist 1 zu 298.257, dies entspricht einer Radius-Differenz von 21.385 km (grosser Radius 6378.137 – kleiner Radius 6356.752 km). Diese Abweichung von 0.335% ist aus dem Weltall nicht sichtbar. Im Bessel-Modell sind die Radien 6377.397km und 6356.079km.

Abweichungen des Geoids der Schweiz zum Bessel-Referenzellipsoid

* Abflachung = (Radius am Äquator – Radius am Pol) / Radius am Äquator

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Abweichungen des Geoids der Schweiz zum Bessel-Referenzellipsoid

Die Wahl eines Vergleichskörpers ist nur die 1. Hälfte auf dem Weg zu einem Kartenabbild, denn der Vergelichskörper ist ja immer noch nicht flach!

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In der Schweiz wird die schiefachsige, winkeltreue Mercator-Projektion verwendet. Um das Bessel-Ellipsoid wird ein in Ost-West-Richtung durch Bern ein Zylinder („Papierröhre“) gewickelt. Der Zylinder wird flach abgewickelt. Als Koordinatenursprung wurde willkürlich die alte Sternwarte in Bern mit den vertrauten Koordinaten 600/200 festgelegt.

 

 

 

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Weltweit wird z.B. die UMT-Projektion für grosse Gebiete verwendet. Man erkennt diese Projektion an den übermässig grossen Polkappen (sie werden meist weggelassen, da die Projektion dafür nicht konstruiert wurde). Sie projiziert 6° breite Streifen auf einen Zylinder und rollt diesen dann ab.

 

 

 

 

 

Koordinatensysteme auf dem GPS-Gerät

Die Kartenkoordinatensysteme sind unbedingt korrekt einzustellen. Hier passieren die meisten Fehler, vor allem, wenn man in Ausland unterwegs ist.

In der Schweiz wird man normalerweise das Schweizer 600/200-Gitter verwenden (Garmin: Menu Einheiten, Positionsformat, Schweizer Gitter), in Deutschland Gauss-Krüger. Als Kartenbezugssystem ist CH-1903 einzustellen (selbes Menu, darunter). Neuere GPS-Geräte stellen bei Auswahl eines Gitters / Kartenkoordinatensysteme automatisch das richtige Kartenbezugssystem ein (so auch das Garmin GPSMAP 60CSx, welches bei Auswahl des Schweizer Gitters automatisch CH-1903 fest einstellt).

Weltweit und für den Datenaustausch wird als Kartenbezugssystem World Geodetic System WGS84 verwendet. Als Positionsformat wird eine Winkelangabe eingestellt, z.B. hddd°mm’ss.s“. Man achte hier sorgfältig darauf, ob in Dezimalminuten (mm.mmm‘) oder Sekunden/Dezimalsekunden (ss.s“) gerechnet wird! Hier können viele Fehler passieren, wenn man Koordinaten von Hand abschreibt oder umrechnet. Auch Garmin patzt hier: trotz der Einstellung hddd°mm’ss.s“ werden die Koordinaten auf der „Kartenseite“ auf meinem Gerät im Format hddd°mm.mmm‘ eingeblendet (N46°57.196′, E007°29.135′). Auf der „Satellitenseite“ steht korrekt N46°57’16.7“, E007°29’11.6“.

Ausserdem ist in der Schweiz wieder CH-1903 einzustellen, damit die Grad-Angaben mit den Schweizerischen Landeskarten übereinstimmt (sie sind zusätzlich aufgedruckt am Rand der Karte). Bei WGS84 lauten die Koordinaten: N46°57’12.0“, E007°29’08.0“. Die Erklärung dieser Differenz von 4.7“ in Nord-Süd-Richtung (geogr. Breite) und 3.5“ in Ost-West-Richtung (geogr. Länge) folgt aus der unterschiedlichen Lage der beiden Referenzellipsoide.

An meinem Wohnort (s. GPS-Beispiel oben) beträgt der Breitenunterschied CH-1903 minus WGS84 ca. 147m, der Längenunterschied CH-1903 minus WGS84 ca. 73m (siehe [1]).

Höhe

Die Bestimmung der Höhe ist mit grösseren Fehlern behaftet und fast noch unübersichtlicher als die 2-dimensionalen Koordinaten. Es gibt vereinfacht 2 Höhenbestimmungen:

  • die ellipsoidische Höhe h ist die kürzeste Distanz vom Punkt senkrecht zum Referenzellipsoid
  • die orthometrische Höhe H= h-N ist die kürzeste Distanz vom Punkt zur echten Erdoberfläche entlang der Lotlinie, d.h. so wie ein Stein fallen würde. Wegen der Kartoffelform der Erde ist die Lotlinie sogar gebogen. Hier ist N die Abweichung vom Geoid vom Referenzellipsoid (sog. Geoidhöhe).

Ausserdem gibt es die Schweizer Gebrauchshöhen: sie wurden früher mit Messlatten ermittelt. Im Prinzip sind sie gleich der orthometrischen Höhe, nur hat man den kleinen Effekt der Schwerkraft (die gebogenen Lotlinien) damals natürlich nicht berücksichtigen können.

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Für den GPS-Anwender ist diese Unterscheidung nicht mehr so wichtig zu wissen, da NMEA heute auch mit orthometrischen Höhen wie die Landeskarten arbeitet. Der Unterschied zu ellipsoidischen Höhen beträgt ca. 50m (das GPS gibt 50m mehr an). Diese Korrektur wird im GPS-System mitgesendet. Für länderübergreifende Bauprojekte sind aber auch wieder die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bezugssystemen zu berücksichtigen: beim Bau der Hochrheinbrücke über den Rhein bei Laufenburg wurde zwar berücksichtigt, dass die Höhen in der Schweiz und in Deutschland auf verschiedene Niveaus bezogen werden (Mittelmeer bei Marseille resp. Nordsee). Nur hat man den Unterschied von 27cm in die falsche Richtung korrigiert, sodass auf der deutschen Seite die Zufahrt zur fertigen Brücke um 54cm abgesenkt werden musste…

Austausch von Daten

Ein modernes GPS-Gerät wie das Garmin GPSMAP 60CSx erlaubt den Datenaustausch über die serielle Schnittstelle oder den USB-Port in mehreren Formaten. Für den Datenaustausch mit dem PC oder anderen Geräten wird normalerweise das Format NMEA 0183 verwendet. Allerdings hat jeder Hersteller wieder proprietäre Erweiterungen an diesem Standard vorgenommen. Die Implementation im Garmin GPSMAP 60CSx (NMEA 0183 Version 3.01) beinhaltet folgende Datensätze: GPGGA, GPGLL, GPGSA, GPGSV, GPRMB, GPRMC, GPRTE, GPVTG, GPWPL, GPBOD, GPAPB.

Für die Übertragung im NMEA-Format ist im Menu Schnittstelle das serielle Datenformat auf NMEA In/NMA Out einzustellen. Die RS232-Parameter sind: 4800 Baud, 8 Data, kein Parity, 1 Stop, kein Handshake. Details zu Spezifikation sind beim Hersteller nachzufragen oder auch hier: http://www.gpsinformation.org/dale/nmea.htm. Man sollte beim Datenaustausch immer kontrollieren, in welcher Form und in welchen Koordinatensystemen die Daten erwartet werden.

KML-Dateien

Als Datenformat zur Übernahme von geografischen Informationen in Programme und Dateien hat sich unter anderen das KML (Keyhole Markup Language)-Dateiformat etabliert, wie es vor allem durch Google Earth populär wurde. Es wurde vom Open Geospatial Consortium (http://www.opengeospatial.org/standards/kml/) als offener Standard dokumentiert.

Die Ähnlickeit von KML zu HTML ist als XML-Abkömmling unverkennbar. Die Dateien sind gut verständlich und können auch leicht programmatisch erzeugt werden – bequem ist auch die Möglichkeit, die Punkte in Google Earth anzulegen und den Quelltext zu exportieren. Ein Beispiel (man beachte die Darstellung der Koordinaten in Grad und Dezimalgrad):

<?xml version="1.0" encoding="UTF-8"?>
 <kml xmlns="http://earth.google.com/kml/2.2">
<Placemark>
<name>Ein Ort mit einer Stecknadel</name>
<description>Dies ist ein Beispiel für eine Landmarke, die in Google Earth angezeigt werden kann.</description>
<Point id="Punkt1">
<altitudeMode>clampToGround</altitudeMode>
<coordinates>7.485564868489206,46.95331447230544,0</coordinates>
</Point>
</Placemark>
</kml>

Diese Datei mit der Endung .kml abspeichern und mit Doppelclick öffnen. Ist Google Earth installiert, solllte ein Kartenausschnitt mit einer Stecknadel erscheinen.

Einer der häufigsten Einsatzwecke von KML dürfte das neudeutsch so genannte Geo-Tagging von Bildern sein, d.h. man fügt den Ferienfotos die Koordinaten hinzu und kann sie beispielsweise in Google Earth anschauen oder sogar ein Fotoalbum erstellen, das den Aufnahmeort auf dem Globus zeigt. Wie die Koordinaten bestimmt werden und zu den Fotos kommen (GPS-Maus, Handy…), ist ein Thema für einen eigenen Artikel.

Stellvertretend für weitergehende Anwendungen (wie z. B. bei der APRS-Website http://www.aprs.fi) möchte ich hier ein einfaches Fotoalbum mit Verküpfungen zu Google Earth vorstellen:

Mit der Freeware Jalbum (http://jalbum.net/) können auf bequeme Weise Fotoalben mit vielfältigen Layouts erzeugt werden. Das Grundprogramm Jalbum kann auch erweitert werden – eine solche Eweiterung ist PositionMap. Das Vorgehen zur Erstellung eines Fotoalbums mit Ambindung an Google Earth ist vereinfacht wie folgt:

  • Fotoalbum anlegen, als „Skin“ PositionMap wählen
  • für jedes Foto in Google Earth die Koordinaten festlegen (Anleitung beim Autor http://agahd.free.fr/JCapPM/main.html#geotag). Sie werden beim Foto als Datei im Fotmat KMZ abgelegt (komprimierte KML-Datei)
  • Foto kommentieren. Der Kommentar wird als Datei zum Foto gespeichert
  • eine Übersichtskarte anlegen, wo alle Fotostandorte sichtbar sind (dies ist etwas anspruchsvoller, da die Karte richtig ausgerichtet werden muss)

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Und schon hat man ein Fotoalbum wie das hier:

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Quellen

[1] Swisstopo, Bundesamt für Landestopographie, Technischer Bericht Tr99-20
[2] http://www.swisstopo.admin.ch/internet/swisstopo/de/home/topics/survey.html
[3] http://code.google.com/apis/kml/documentation/kmlreference.html
[4] http://en.wikipedia.org/wiki/GPS
[5] http://de.wikipedia.org/wiki/Schweizer_Landeskoordinaten
[6] http://map.retorte.ch/
[7] http://mapref.org/savpub/

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